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Artikel von INGRID ZIMMERMANN in der Süddeutschen Zeitung,
Seite Kultur der Starnberger Ausgabe vom 9. Juli 2001

Sisyphos müsse eigentlich ein glücklicher Mensch gewesen sein, meint Camus.
Stefan Fichert spürt dem nach.   
Foto: Fuchs


Für immer glücklich

Stefan Fichert widmet Sisyphos einen Bilderzyklus

Gauting Es war bei der Lektüre eines Textes von Albert Camus, als den Gautinger Maler und Puppenspieler ein Gedanke ansprang. Der Franzose regt an, Sisyphos, den griechischen König, der vielfach die Götter herausgefordert hatte, müsse man sich vorstellen als glücklichen Menschen. Wie könne aber einer ein glücklicher Mensch sein, der im Hades dazu verdammt ist, einen riesigen Stein auf einen Berggipfel zu rollen, von wo er sich wieder zu Tale bewegt, nur um erneut mit ungeheurer Anstrengung wieder nach oben befördert zu werden?

Stefan Fichert erinnerte sich an das Foto eines Gewichthebers, dem seine Stange mit den Gewichten entglitten war. Die ersten der mittlerweile 26 großformatigen Zeichnungen zum Thema Sisyphos zeigen den Gewichtheber. Dann aber war es doch plötzlich der Stein, ein Stein fast so groß wie ein Mensch, mit dem sich Ficherts Figur herumschlagen musste. Mit Kreide, Kohle und Pigmenten in der Farbe des Ochsenbluts - immerhin schwitzt Sisyphos gewiss Blut und Wasser - lässt der Maler seinen Protagonisten wütend anrennen gegen die gewaltige, starre Macht des Steins, aber auch gegen einen Gott, der als ein schwarzes Quadrat schicksalsverhängend und unberührbar über ihm thront.

Doch dann wandelt sich die innere Szene: Es wird "sein" Stein, den er zu achten, sogar zu lieben beginnt, und er spürt beglückt die Erleichterung, wenn er, frei für eine Weile, zu Tale wandert, um den Stein erneut nach oben zu wuchten. Ficherts Figur hat eine stark räumliche Körperlichkeit, Rippen, Becken, Beine und Arme arbeiten, was sich in einem sehr spannungsreichen, spiraligen Linienwerk ausdrückt, während der Leib selbst in Form flächiger Felder erscheint. Dramatisch sind die Gestik wie auch die Gesichtszüge und die sprechenden Augen der Figur. Der Maler hat sich weit in sie hineinbegeben, und hat nun beschlossen, seiner Erfahrung ein weiteres Mal in einem Schattenspiel nachzuspüren.

INGRID ZIMMERMANN


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