Edgar Kappen    1. Text

Besprechung der Ausstellung von Edgar Kappen
in der Galerie Pich vom 22. September bis 20. Oktober 1996
von Johannes von Mengen in "Stadt und Land",
Kulturzeitschrift für das Umland von München, Herbst 1996

Inwändige Bilder des Unbewußten

Krailling. Peter Pich zeigt Ölbilder und Arbeiten auf Papier des in Berlin freischaffenden Künstlers Edgar Kappen. Vor der Folie scheinbar ähnlich gerichteter künstlerischer Ansätze wird das Spezifische eines Malers deutlich, der sich jeder eingleisigen Klassifizierung entzieht.

Ein Vergleich der Werke von Edgar Kappen etwa mit den Gruppen 'Cobra'' und "Spur", den "Jungen Wilden` oder "Neoexpressiven" führt zu nichts. Auf einer allgemeinen Ebene ist Edgar Kappen zweifellos ein ebenso individueller wie symptomatischer Vertreter der Generation von 1968. Sein Werk enthält deren aggressiven Protest, deren Zerrissenheit wie auch deren hoch gesteckten Ideale. Und es zeigt jetzt eine wohl vergleichbare Konzentration und Rückbesinnung auf die evolutionären Möglichkeiten des Individuums, wie sie sich in einem alternativen Lebensentwurf und dem Vertrauen auf die positive Kraft natürlicher Prozesse artikulieren. Die revolutionäre Linke der späten sechziger Jahre und die alternative Szene der achtziger Jahre sind die äußeren Fixpunkte einer künstlerischen Entwicklung, die zu einer Konzentration auf die Aufzeichnung natürlicher Lebensabläufe geführt hat. Ängste und Bedrohungen werden jetzt ebenso wie Freude und Glück als existenzielle Phänomene verstanden, für die kein Verantwortlicher gesucht werden muß.

Formal läßt sich dies an der Einschränkung figürlicher Elemente und an der Auflösung der Form in ein scheinbar organisches Wachsen festmachen. Form teilt sich nicht als etwas Starres, Unbewegliches, sondern als etwas Organisches, Veränderliches mit. Äußeres Indiz dafür ist der völlige Verzicht auf den fest umrissenen, klaren Kontur und die Eindeutigkeit des Lichts. Inhaltlich entspricht dem ein Nebeneinander von Hell und Dunkel, von Positiv und Negativ als gleichwertiger, natürlicher menschlicher Phänomene.

In einer durch den Menschen bis an den Rand der Katastrophe bedrohten Welt plädiert Edgar Kappen mit seinen "Innenbildern", die scheinbar durch elektrische Gehirnblitze auf neutralen Farbflächen und Raumkörpern geschaffen werden, für den einzig möglichen Ausweg, den der Rückbesinnung auf die eigene Existenz und den eigenen Lebensort. Denn das ist das Schwierigste, seinen Platz zu finden und die Verbindung mit sich wiederherzustellen.

Die ausgestellten Werke zeigen deutlich eine Affinität zu den "Neoexpressiven", gleichzeitig jedoch auch die Unterschiede. Kappen ist trotz aller Vehemenz im Farbauftrag kompositionell deutlich strukturiert. Zudem bleibt seine Farbskala vergleichsweise zurückhaltend. Edgar Kappens Werke sind "inwändige Bilder". Sie suchen und denken nach "innen". In Struktur, Betontheit, Rhythmus und Richtungswachstum lassen seine Bilder einen Sinn für Natur erkennen. Mit der spontanen Energie erreichen seine Bilder Ziele, machen die Endlosigkeit dieses Vorganges, der die Kräfte der Kontinuität trägt, anschaulich.

JOHANNES VON MENGEN



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