Christoph Leuner     Menu

Texte zu Arbeiten von Christoph Leuner

Als ästhetisch verfeinertes Material ist das Holz hier nicht eingesetzt. Seine Maserung, Wuchsrichtung und sägerauhe Oberfläche vermitteln den natürlichen Charakter, der adäquat in einfache, archaische Formen übersetzt ist. Konsequent ist das Repertoire konstruktionstechnischer Holzverbindungen auf Dübel und Nuten reduziert, die gleichzeitig wie Wegweiser die Öffnungsmechanismen der Behälter bezeichnen und auf richtige und falsche Fährten locken. Die Körper bergen nach außen einfach oder mehrfach, in jedem Fall überraschend verriegelte, vielleicht auch ganz verschlossene Hohlräume, deren ideelles oder materielles Rätsel nur in der Intimität des Umgangs gelöst werden kann.

Dr. Sabine Runde, Katalog zur Ausstellung "Zeitgenössisches deutsches Kunsthandwerk - 6. Triennnale 1994", Museum für angewandte Kunst, Frankfurt am Main


Die Spuren sind unterschiedlicher Herkunft, die natürlichen Hölzer beschreiben durch ihre Jahresringe bestimmte Zeitabschnitte ihres Wachstums und bringen in Farbe und Maserung ihren Materialcharakter als Zeichen ein. Die Handschrift Leuners entscheidet über das Zusammenspiel zwischen der gewachsenen Sprache des Materials und seinem konstruierten Formwillen. Er folgt dem Material und er verfremdet, durch sein Formkonzept gleichermaßen wie durch Farbe. Mehrteilige Körper entstehen, verdübelt, verzapft, zusammengefügt durch traditionelle Holzverbindungen. Die einzelnen Elemente entwickeln durch ihre Linienführung und im Zusammenwirken mit dem Ganzen gestischen, zeichenhaften Charakter.

Dr. Sabine Runde, Katalog zur Ausstellung "Craft from Scratch - Eine Spur von Handarbeit. 8. Triennale für Form und Inhalte 2001/2", Museum für angewandte Kunst, Frankfurt am Main, Sidney, Adelaide.


Bewusstes Sitzen
Diesen Gedanken greifen mehrere Gestalter auf. Denn ergonomisch gesehen müßte jeder seinen maßgeschneiderten Sitz haben und ihn überall mitnehmen können. Noch vordringlicher scheint, daß die Alltagshandlung »Sitzen« wieder bewußt gemacht wird. Das Fernziel heißt dabei Entspannung beim Sitzen. Ohne Anstrengung relativ aufrecht und gerade sitzen ist im asiatischen Kulturkreis keine Ausnahmeerscheinung, sondern gehört zur Lebensweise. In der westlichen Hemisphäre dagegen erlernt man es mühsam beispielsweise in Yogakursen. »Sich beim Sitzen erleben« könnte das Motto aller Arbeiten von Christoph Leuner sein und das auf höchst dekorative Weise. Die Sitzfläche seines »Keil Sitzes« reicht gerade aus, damit die Sitzbeinknochen Platz finden. Eine leichte Spannung zwischen aufrechter Wirbelsäule und hängenden Beinen entsteht. Mit etwas Übung nimmt man eine präsente Haltung ein.

Art Aurea 3/1996, S. 42



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